Freitag, 13. Februar 2015

Klassisch oder offen?

Vor einigen Jahren wäre es für mich undenkbar gewesen, meinen Partner mit einer Anderen oder gar mehreren anderen Frau zu teilen. Getrieben von Besitzanspruch, Unsicherheit, Verlustangst und den moralischen Gesellschaftsvorstellungen. Es kann doch nicht wahre Liebe sein, wenn man bereit ist, sich gegenseitig zu teilen. Doch kann es wohl, denn Liebe bedeutet für mich mittlerweile auch, sich Freiräume zu lassen, sich gegenseitig das Ausleben von Fantasien zu gönnen, die vielleicht gemeinsam nicht gehen, weil man auch in der schönsten und tollsten Beziehung nicht immer die gleichen Wünsche hat. 

Seltsam, wie fünf Jahre die Denkweise und Einstellung eins Menschen, konkret die meine, verändern können. Ich wollte die Offene Beziehung, unbedingt. Nicht, weil ich meinen Partner nicht mehr attraktiv oder anziehend finden. Auch nicht deshalb, weil der Sex vielleicht nach einigen Jahren nicht mehr ganz so aufregend ist, wie am Anfang einer Beziehung. Ich wollte es, weil ich einfach Angst habe, etwas zu verpassen. Ich fühle mich angekommen im Leben, so zufrieden, glücklich und schön wie nie zuvor. Ich will mich nicht mehr körperlich auf einen einzigen Mann festlegen. Ich will neue Haut, ich will das Prickeln von heissen Flirts, ich will mich ausprobieren, ausleben, erobern, erobert werden. Ich bin wie eine Katze. Ich brauche meine Freiheit, kehre aber immer wieder dahin zurück, wo ich mich wohlfühle, wo ich mich zu hause fühle, wo ich geborgen bin. Das klingt egoistisch, ist es auch. Aber all das gönne ich meinem Partner genauso. Ohne die geringste Eifersucht zu verspüren, wenn er es tut. Im Gegenteil, ich wäre nur zu gerne dabei, sobald sich die passende Gelegenheit ergibt. Ich will zusehen, wie er eine andere Frau fickt und sie im besten Fall mit ihm zusammen verwöhnen, spüren. 

Warum es mich heute nicht mehr stört und warum ich keine Angst oder Eifersucht mehr verspüre? Die einfache Antwort: ich liebe mich, warum sollte mein Partner mich also nicht auch lieben und immer wieder zu mir zurück kehren? Und Sex sowie Liebe haben für mich sowieso noch nie zwangsläufig zusammengehört. Ich weiss, dass mein Partner zurück kommt. Ich weiss, dass ich eine begehrenswerte wie auch gleichermassen liebenswerte Frau und Partnerin bin, bei der er sich genauso wohl fühlt, wie ich mich bei und mit ihm. Und wenn er sich doch mal in eine Andere verliebt? Was dann? Dann ist es so. Das klingt, als wäre es mir gleichgültig. Ist es mir nicht. Aber warum müssen wir denn so krampfhaft an der Vorstellung der ewigen Liebe festhalten? Ich verurteile niemanden, der sich das wünscht und freue mich für jeden, der sie gefunden hat, oder das glaubt. Aber Menschen verändern sich, ihre Bedürfnisse, ihre Lebensweisen, manchmal sogar ihre Charakterzüge. 

Ich möchte meinen Partner an meiner Seite haben, ich habe ihn gerne genau da. Aber er ist nicht mein Besitz und ich ebenso wenig der seine. Ich brauche ihn nicht, bin nicht abhängig von ihm, aber ich will ihn. Und wenn unsere gemeinsame Zeit nicht ewig ist, ist das nicht das Ende, nicht der Weltuntergang, kein Grund, die wundschönen, geteilten Jahre zu bereuen oder schlecht zu reden. Genau mit diesem Bewusstsein nehme ich das „Risiko“ in Kauf. Ist es den möglichen Verlust wert? Ja, ganz egoistisch gesagt, ja. Denn ich will in zehn Jahren nicht frustriert auf der Couch sitzen, langsam welk werden und merken, dass ich meinen Partner dafür verantwortlich mache, dass ich mich nicht so ausgelebt und ausprobiert habe, wie ich es gewollt hätte. Denn dann wird aus der möglicherweise ewigen Liebe nur eine ewige Illusion. Ein ewiges Unterdrücken von Bedürfnissen, oder dann das Befriedigen ebendieser im Geheimen, bei Seitensprüngen. 

Wer weiss, vielleicht denke ich in zehn Jahren wieder ganz anders, aber im Moment könnte ich mir weder mit meinem jetzigen Partner noch mit irgendwem sonst, eine klassische Beziehung vorstellen. Eine offene Beziehung benötigt viel Vertrauen. Nicht nur in den Anderen, vor allem in sich selbst. Und viel Kommunikation, ehrliche Kommunikation. Mein Résumé nach wenigen Wochen offener Beziehung - bei welcher es nur drei Regeln gibt: immer und ausnahmslos „safe“, keine Übernachtung bei Anderen und der Partner bekommt nur zu hören, was er wissen will -, ist, dass es uns gut tut, sehr gut sogar. Wir haben schon immer offen über Sex gesprochen, aber noch nie so ehrlich wie jetzt. Wir haben gemeinsam mehr Sex als früher, wir beleben unseren Sex, wir teilen uns mit, was genau wir wollen, ohne Angst, vor gegenseitiger Verletzung, Kränkung. 

Und hey, für euch hat meine offene Beziehung auch Vorteile liebe Leserinnen und Leser. Denn es ist gut möglich, dass ich jetzt wieder ab und an blogge. Wer will den schon ewig nur von Beziehungssex lesen, nicht wahr? Und darüber gab's ja doch schon den einen oder anderen Post. Auf zu neuen Ufern, auf zu neuen Geschichten.