Samstag, 29. Oktober 2011

Mein Tabu ist dein Tabu

WARNUNG!

Das folgende Thema hat ein hohes Ekelpotenzial. Wer schnell einen flauen Magen bekommt, möge zum Beispiel hier weiterlesen.



Es muss raus, also möchte ich über etwas schreiben, was die meisten Menschen gerne totschweigen. Ich kenne niemanden, der gerne darüber spricht oder überhaupt viel dazu sagen könnte - und wenn doch, dann nur ungern und mit einer verzogenen Miene.

Es geht um den Sex unserer Eltern. Deiner Eltern. Was weißt du darüber? Hast du gehört, wie sie es trieben, als du noch zu Hause gewohnt hast? Hat deine Mutter gestöhnt? Bist du ins Zimmer geplatzt, als sie vögelten? Und willst du diese Fragen überhaupt hören?

Mir fällt es schwer, an den Sex meiner Eltern zu denken, weil mir dann sofort die viel zu vielen Nächte einfallen, in denen ich als Teenager ungefähr zur gleichen Zeit ins Bett ging wie sie. Ich lag oft noch wach und hörte nach ein paar Minuten, wie sie anfingen: immer nach dem gleichen Schema, immer dieselben qualvollen Geräusche. Anschließend liefen sie beide noch einmal ins Bad, natürlich an meinem Zimmer entlang. Ich hasste es. Nichts war mir peinlicher als die Bilder, die mir damals durch den Kopf gingen. Meine Eltern! Intim! Sie sind so alt und außerdem ... meine Eltern!

Später fand ich dann zufällig und weniger zufällig heraus, dass andere Kinder genauso denken. Zu Recht!  Mir wäre jeder suspekt, der das locker nimmt. Ich kenne aber niemanden. Kennt ihr jemanden, der gerne darüber spricht? Oder mit dem ihr überhaupt darüber reden könnt?

Natürlich spricht man vor allem nicht mit seinen eigenen Eltern über deren Sex. Also ich nicht. Obwohl es an Fragen nicht mangelt: Wie hatten sie Sex, als sie jung waren? Wie ist der Sex im Alter? Wie aufgeschlossen sind sie? Was war das Ausgefallenste, was sie jemals gemacht haben? Haben sie Pornos geschaut? Damals sogar ohne Internet?

Von meinen Eltern weiß ich, dass sie in den Siebzigern mit einem befreundeten Pärchen einen verlassenen Hof bewohnt haben. Keine Ahnung, was da abging. Sollte ich nachfragen? Würde ich Überraschendes erfahren? Will ich das?

Ich wünsche meinen Eltern ein gesundes und erfülltes Sexualleben. Daran teilhaben möchte ich nicht (mehr).

Wie es bei euch? Habt ihr mit euren Eltern schon über ihren Sex gesprochen? Habt ihr Schmuddelvideos in ihren Schubladen entdeckt? Sie im Swingerclub getroffen? Haben sie euch Sachen darüber erzählt, die ihr nie hören wolltet?*

Ja, ich weiß. Ich bin eklig.




* In einem früheren Job arbeitete ich mit Vater und Sohn zusammen. Eines Abends war der Vater über seinen Sohn erbost und mahnte ihn: "Ich hätte dich damals auch gegen die Wand spritzen können!"

6 Kommentare:

tabsie hat gesagt…

Toni, oh, oh, großes Topic.

Um aus der Mottenkiste zu plaudern:

Als ich klein war -also bis vor kurzem- blieb ich vom Sex meiner Eltern gänzlich verschont. Unsere Behausung war insoweit großzügig genug, dass jeder die Geräusche machen konnte, die er wollte, ohne zwangsläufig gehört zu werden. Und extra auf die Lauer gelegt habe ich mich bei meinen Eltern auch nicht; eher bei meinen Geschwistern :-).

Später dann hatte ich zwei Aha-Erlebnisse:

1. In einer Ferienwohnung, in der meine Eltern seit Beginn ihrer Ehe immer wieder waren, entdeckte ich im Schrank ein höchst verzückendes, transparentes Negligé aus den 70ern. Ich dachte: "Aha, da ging mal was..." Normalerweise klau ich mir alte Sixtiesklamotten von meiner Mum immer. Das Negligé hingegen nicht. Ich wollte keine Verbindung mit dem Sex meiner Eltern eingehen, und am Ende damit vor Toni erscheinen?!?!

2. Als ich zufällig auf der Suche im Büro meines Daddys in der Schrebtischschublade auf der Suche nach Briefumschlägen billige, schrille Porno-DVDs in der Hand hielt und mich die Party Luder & Kolleginnen nur so ansprangen, da wurde mir schlagartig klar: Dass Männer verschiedenste Stilniveaus in sich vereinen. Denn mein Herr Papa ist an sich ein sehr feiner Mensch. Wenn es um Sex geht ist er auch nur ein normaler Mann, scheint mir. Alles ok.


Kurz: Ich weiss vom Sex meiner Freunde, meiner Haustiere, meiner Nachbarn, meiner über 70-jährigen besten Freunde mehr als vom Sex meiner Eltern. Und mein Interesse hält sich insofern in Grenzen.

Micha hat gesagt…

Mein Kinderzimmer war direkt oberhalb vom Elternzimmer. Natürlich habe ich auch diese schönen grunzenden Geräusche gehört... ein Tag danach der Geruch vom Sex im Gang gerochen (als ich dann herausgefunden hatte, was da roch). Die Vorstellung ist ekelhaft was da drin passiert. Von meiner Mutter weiss ich unterdessen, dass mein Daddy gerne mal eine Frau mehr dabei gehabt hätte... auch hat er sich nach 23 Uhr am Freitag in den Keller verzogen und hat sich Tutti-Frutti reingezogen. Später hatte ich den ersten Kontakt mit schwarzen Schwänzen - in Form eines Pornos aus der Werkzeugkiste. Oh, ich glaubte damals wirklich alle schwarzen Männer haben einen solchen riesen Schwanz und spritzen Sperma ab wie wenn man eine Kuh melkt ;)

Toni Toronto hat gesagt…

Willkommen in meiner Welt. ;-)

Eine Anekdote schiebe ich noch nach:
Während einer lustvollen Nacht mit einer jungen Dame komplimentierte ich ihren Slip, in dem sie umwerfend aussah. Ihre Antwort: "Der gehört eigentlich meiner Mama."

Frl. Winterruh hat gesagt…

Biergarten: Papi und ich begossen den erfolgreichen Bau meiner neuen Küche. Ein wunderbarer frühsommerlicher Abend. Wir schwatzten. Ganz wie Erwachsene. Die Grenze zwischen Eltern und Kind war aufgehoben. Irgendwann an diesem Abend wusste ich, dass meine Mama ein echter Knaller im Bett sein oder gewesen sein musste. Da viel mir schlagartig eine Begebenheit meiner Kindheit ein. Ich war ungefähr zehn. Die Eltern schickten mich zu einer ungewöhnlich frühen Nachmittagsstunde mit unserem orangenen Thermosbehälter zur Eisdiele los. Ich rauf auf mein Fahrrad, durchs Dorf gesaust, den Bottich voll machen lassen, eine extra Kugel Vanille für unterwegs und so schnell ich strampeln konnte zurück zu unserem Garten. Voller Vorfreude wollte ich das Gartenhaus stürmen und war arg verblüfft, dass abgeschlossen war. Keine Eltern. Kein Ersatzschlüssel wo er sein sollte. Mein Rufen nach meinen Erzeugern brachte nichts. Klopfen an der Tür auch nicht. Panik stieg in mir auf. Waren die etwa ohne mich nach Hause gefahren? Sollte das Eis meine Überlebensgrundlage sein? Warum hatten Sie mir nicht wenigstens den Schlüssel da gelassen? Damit wollte ich mich nicht abfinden. Ich stellte das Eis vor der Haustür ab und klapperte alle Nachbarn in der näheren und weiteren Umgebung ab. NICHTS. Keine Eltern, keiner hatte sie gesehen. Traurig und zermürbt, wütend und ängstlich trabte ich zurück.
Auf der Terasse saß meine Mama mit rosa Wangen und schob geschäftig Eisschälchen und Löffel hin und her, mein Papi versteckte sich im Haus, unter dem Vorwand den Sahnesyphon zu bestücken. Die erstaunte Frage: "Wo warst Du denn so lange?" schockierte mich dann wirklich. Ich weiß bis heute nicht, was an diesem Nachmittag passiert war. Den Gedanken, dass meine Eltern Sex hatten während ich verzweifelt gegen die Tür trommelte und ihre Namen rief, läßt mich bis heute schaudern.

Eqinoxious hat gesagt…

Das wir solche Probleme mit der Sexualität unserer eltern haben sollte uns eigentlich beunruhigen. Allerdings legt sich die Scheu, wenn man selbst älter wird.

Ich fand an sich nichts dabei, wenn meine Eltern darüber redeten und war auch, je älter ich wurde immer neugieriger zu erfahren wie weit sich ihre Sexualität mit ihrem Charakter deckte. Meine Eltern haben nach meinem 30. Lebensjahr immer mal wieder auf ihre Sexualität hingewiesen. Mein Vater mehr als meine Mutter.

Nicht alle Details haben mit gefallen, aber das lag eher an der Art WIE sie darüber gesprochen haben.

Toni Toronto hat gesagt…

Eqinoxious, du bist die große Ausnahme. Ich beneide dich um die Gelassenheit, die du in dieser Causa an den Tag legen kannst.