Montag, 25. August 2008

Tim geht

Es ist seltsam, als Tim noch hier lebte und wir uns oft sahen, da war ich wohl immer ein wenig in ihn verliebt, wollte immer mehr als eine freundschaftliche Affäre. Und jetzt, seit er vor einem halben Jahr weggezogen ist, sind auch die Gefühle weg. Plötzlich sehe ich ihn mit anderen Augen, unverliebten Augen. Und plötzlich nerven mich Dinge. Früher fand ich seinen Redefluss interessant, liebte seine kritischen Ausführungen zu unserer kranken Gesellschaft und heute denke ich, dass ich das alles schon Mal gehört habe. Heute geht mir dieses philosophisch, intellektuelle Geschwafel auf den Wecker. Egal, ich mag Tim noch immer, auch den Sex mit ihm, aber auf Dauer kann er ganz schön anstrengend sein. Vielleicht empfinde ich auch deshalb so, weil mir mein eigenes Leben gerade nicht passt. Irgendwie läuft alles verkehrt. Verkehrt mit den Männern, verkehrt mit meinen Eltern.

Tim kam am Samstag Abend, ich hatte gekocht. Ich weiss gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal für einen Mann gekocht habe, es war auf jeden Fall lange her. Sein Hunger beschränkte sich aber ausschliesslich auf mich, also verschoben wir das Essen. Der Sex war wie immer gut, aber etwas war anders. Nicht an ihm, an mir. Meine Lust war zwar da, aber bei weitem nicht so gross, wie ich es von mir selbst eigentlich kenne. Ich hatte meine Orgasmen, es war schön, aber es befriedigte mich nicht wirklich. Vielleicht ist das so, wenn vögeln alleine plötzlich zu wenig ist. Vielleicht kenne ich Tim schon zu lange und empfinde es deshalb als nicht mehr so prickelnd, oder vielleicht auch wegen David. An David, musste ich danach plötzlich denken. Wäre ich bloss nicht so dämlich gewesen, alles zu versauen. Er schreibt mir nicht mal mehr und komischerweise verletzt mich das. Und es ärgert mich, dass ich einem Mann nachtrauere, den ich gar nicht wirklich kenne, mit dem ich genau einen Abend, eine Nacht und einen Tag verbracht habe und der nicht mal das nötige Feingefühl besitzt, mir zu antworten, nachdem ich mich entschuldigt und erklärt habe. Vielleicht sollte ich aufhören zu denken, wie toll
David ist. Was ist an einem Mann toll, der mit einem schläft, aber den die Hintergründe und Gefühle eines Menschen nicht interessieren?

Wie auch immer, zurück zu Tim. Nachdem wir mehrmals Sex hatten und meine Lasagne sowie mein Karottenkuchen viel Anklang fanden, beschloss ich müde zu sein. Ich war gar nicht wirklich erschöpft, aber ich hatte keine Lust auf noch mehr Sex, oder noch mehr Gespräche. Also Licht aus und Ruhe. Am Sonntag morgen lag Tim logischerweise noch neben mir im Bett und anscheinend entwickle ich langsam eine Abneigung gegen das Übernachten und Aufwachen mit Männern. Tim spürte, dass irgendwas anders war als sonst. Er versuchte nicht wie früher, mich schon morgens zu verführen, sondern kochte für uns ein Käseomelett. Wir hatten einen gemütlichen Start in den Tag und Tim fragte mich, ob er nochmals bei mir übernachten dürfe, bevor er zum Radeln in die Schweizer Berge fahren würde. Eigentlich war mir nicht nach einer weiteren Nacht in männlicher Gesellschaft, aber ich wollte Tim weder vor den Kopf stossen, noch ihn verletzen. So sagte ich Ja und war sehr froh, als er den gestrigen Tag auf seinem Rad verbrachte und ich so ein paar Stunden für mich hatte. Ich lernte im Garten, genoss die Sonne, die mir ins Gesicht schien, die Ruhe und das alleine sein. Spontan kam mein Exfreund noch vorbei, zu dem ich ein sehr gutes und inniges Verhältnis habe und wir verbrachten den frühen Abend dann plaudernd und DVD guckend bei ihm.

Um 21.00 Uhr kehrte ich nach hause zurück, duschte und legte mich ins Bett. Tim hatte sein Erscheinen für später angekündigt und war eine Stunde später auch wieder da. Wir kifften, redeten wenig und hatten wieder Sex. Aber der war anders als am Samstag. Langsamer und zärtlicher. Es war wirklich schön, aber ich fühlte danach wieder eine für mich unbekannte Leere. Ein schreckliches Gefühl. Irgendwie war mir plötzlich zum weinen zumute, aber ich hielt die Tränen zurück. Ich hatte keine Lust auf Fragen von Tim, die er ohne Zweifel gestellt hätte. Also suchte ich im Schlaf Zuflucht, was mir auch gelang. Ziemlich schnell war ich eingeschlafen.

Heute morgen störte es mich weniger, neben Tim aufzuwachen, vielleicht deshalb, weil er ja nichts dafür kann, dass ich im Moment so verwirrend fühle. Ich verabschiedete mich von ihm und fuhr zur Arbeit. Jetzt sitze ich im Büro und beneide ihn darum, dass er ausschlafen kann. Trotz all meiner seltsamen Empfindungen waren die letzten Tage mit Tim auch schön. Aber Wehmut, weil er heute Abend nicht mehr bei mir ist, die spüre ich nicht.

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