Dienstag, 2. September 2008

Die Gutfindstrategie

Ich habe gerade etwas getan, was man als ambivalent bezeichnen kann, wenn man mir wohlgesonnen ist. Böswillige Menschen könnten mich ein Arschloch nennen.

Folgendes hat sich zugetragen: Meine ehemalige Kommilitonin Kirsten ist zu Gast in München und hat mich kontaktiert, um etwas mit mir zu trinken: "Lass uns über alte Zeiten quatschen". Ich habe zugesagt, weil ich ein höflicher Mensch bin, aber nicht, weil ich sie gerne treffen wollte. Denn so wirklich leiden konnte ich sie nie. In meinen Augen war sie oft besserwisserisch, vorlaut und humorlos. Die letzte Eigenschaft macht Menschen für mich besonders unattraktiv.

Meine Motivation für dieses Treffen war also nahe dem absoluten Nullpunkt und ich musste mir dringend eine Strategie zurechtlegen, wie ich diesen Abend durchstehen könnte. Nach kurzer Überlegung kam mir eine teuflische Idee in den Sinn: Ich werde ein Spiel mit mir selbst spielen und so tun, als ob ich sie ins Bett kriegen will! Wenn diese Gedanken dann beim Treffen durch meinen Kopf schwirren, wird mir bestimmt nicht langweilig, dachte ich. Der Abend wäre gerettet, weil ich ich sozusagen etwas Interessantes an ihr gefunden hätte, nämlich die Möglichkeit, sie flachzulegen.

Um diesen Plan umzusetzen, musste ich mir nur lange genug einreden, dass ich sie attraktiv finde. Sie ist groß, blond und hat Holz vor der Hütte, das klappte also irgendwie. Und wenn sie anfangen würde, langweilige, nervige Geschichten zu erzählen, würde ich ihr einfach auf die Titten starren oder mir vorstellen, was sie sonst noch mit ihrem Mund könnte. Ein geniale Idee! Ich hatte aus einem Pflichttermin ein Treffen gemacht, das ich kaum erwarten konnte.

Gesagt, getan. Wir trafen uns um neun Uhr in einer Bar, bestellten Drinks und fingen an zu quatschen. Sie trug ein rotes Top und war braungebrannt und wirkte tatsächlich erstaunlich attraktiv auf mich. Entweder ich hatte sie falsch in Erinnerung oder meine Gehirnwäsche funktionierte prächtig. Außerdem lief unser Gespräch flüssiger und lebendiger ab, als ich erwartet hatte, so dass ich ihr nur selten ins Dekolleté gucken musste, um einen interessierten Eindruck zu machen. Ich merkte, dass einige kurze Gedanken an die Möglichkeit, mir ihr Sex zu haben, ausreichten, um ich bei Laune zu halten. Die meiste Zeit aber genoss ich das Gespräch seiner selbst wegen. Wir scherzten, tranken und unterhielten uns über Altes und Neues, aber (natürlich) nicht über Sex. Im Nachhinein muss ich sagen, dass meine Versexungsstrategie fast unnötig war.
Sie hat mich vielleicht an ein bis zwei Stellen über Wasser gehalten und meine Aufmerksamkeit unterstützen, aber ich wäre auch ohne diese Fantasie zurecht gekommen. Bin ich etwa doch normaler, als ich dachte?

Doch halt! Was bin ich eigentlich für ein Schwein? Glaube ich tatsächlich, dass der Zweck die Mittel heiligt und ich deswegen Kirsten auf ihre Titten reduzieren darf, um sie "erträglich" zu finden? Das ist purer Sexismus. Ich möchte hier keine Diskussion über Moral beginnen, weil ein Sexblog dafür der falsche Ort wäre, aber in Ordnung finde ich mein Verhalten nicht. Meine niederen Instinkte sollte ich besser im Griff haben. Kirsten hat von meinen versauten Gedanken höchstwahrscheinlich nichts mitbekommen, aber sie hat es nicht verdient, von mir als bloßes Sexobjekt gesehen zu werden, auch wenn es nur eine Fantasie war. Diese Fantasie hat immerhin mein Verhalten ihr gegenüber beeinflusst. Wo ist mein Respekt?

Nachdenklich gehe ich ins Bett...

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